Man liest es immer wieder. Verzweifelte Griller/Köche/Hausfrauen, die sich an die amerikanischen BBQ-Klassiker wie Pulled Pork oder gar Brisket wagen oder gar „alte Hasen“ die verzweifeln. Einmal dauert das gute Stück Pork 8h, einmal 20h. Es lässt sich vermeintlich nicht planen. Man liesst Sätze wie: „Oh ich habe ein Rennschwein“, oder „Hilfe, mein Pulled Pork wird nicht fertig.“ Der Schuldige wird oftmals beim Fleisch gesucht. Dies ist aber nicht der Grund. Die Ursache ist in der Schwankung der Luftfeuchtigkeit im Garaus zu suchen. Dabei kann es so einfach sein. Gehen wir aber erstmal kurz in die Theorie und schauen uns aber den Garprozess genauer an:
Das Fleisch erwärmt sich bis zu der sogenannten Plateauphase, die normalerweise bei 75-78°C beginnt. Bei dieser Temperatur verweilt das Fleisch oftmals viele Stunden und denkt nicht daran fertig zu werden. Vielen denken (auch ich früher) dies sei der Umwandlung des Kollagens in die Gelatine geschuldet. Dies ist aber nicht so. Vielmehr sind es, wie mein Physikprofessor zu sagen pflegte, triviale physikalische Effekte. Es verdampft Wasser an der Oberfläche des Fleisches, welches aus dem Inneren stammt. Die damit verbundene Verdunstungskälte lässt das Fleisch auf dem selben Temperaturniveau stehen. Je trockener die Umgebungsluft ist, umso grösser ist erzeugte Verdunstungskälte und umso länger dauert die Phase. Gemessen wird dies mit der Kühlgrenztemperatur oder auch Feuchtkugeltemperatur. Ist die Fleischoberfläche dann soweit abgetrocknet, dass nichts mehr verdunstet und damit die Feuchtkugeltemperatur überschritten wird, steigt die Temperatur im Fleisch wieder an.
Auf dem Diagramm sieht man in schwarz die Trockentemperatur in einem Smoker. Grün ein eingepacktes Brisket, in blau ein nicht eingepacktes und in rot die Feuchtkugeltemperatur.
Wie kann man das nun umgehen und wie kann man konsistente Garzeiten erreichen ?Nichts leichter als das. Man muss nur eine konstante Luftfeuchtigkeit im Garaum schaffen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten:
a.) Einpacken
Hierbei wird das Fleisch ca. 4-6h (je nach Geschmack) gesmoked und dann fest in Alufolie oder Backpapier eingewickelt. Man verhindert damit die Verdunstung an der Oberfläche und das Fleisch gart linear, bis zur Zieltemperatur weiter.
b.) Wasserschale
Eine stetig gefüllte Wasserschale im Garaum, wie z.B. bei den sog. Watersmokern verwendet wird, garantiert eine in erster Näherung konstante Luftfeuchtigkeit. Die Plateaus sind in der Regel kleiner. Manche machen Sand rein, was evtl. als Wärmespeicher dient, sich aber aus obigen Gründen als nutzlos erweist.
c.) Keramikgrill
Keramikgrills zeichnen sich, bedingt durch die sparsame Verbrennung, durch eine geringe Konvektion aus. Da bei der Oxidation von Kohle u.a. Wasser entsteht hat man per se eine hohe und konstante Luftfeuchtigkeit im Gerät. Das Gegenteil ist bei Kugelgrills oder UDS der Fall (->Wasserschale).
d.) Sous Vide
Die ist sicherlich der eleganteste Weg. Hierbei wird das Fleisch bis auf eine Zieltemperatur von 65°C gesmoked, einvakuumiert und im Sous Vide Bad bei 65°C (je nach Cut) bis zu 36h fertig gegart. Dabei ist es egal, ob man das man das Stück Fleisch vor dem Garen smoked oder danach. Aber dazu später in einem separaten Posting mehr.
Super Michael!
Dies ist genau die Erklärung, die ich auch meistens gebe, da ich es mir nur so (ohne Daten-Logging) erklären konnte. Ich denke mit deiner Anleitung werden einige das Problem der Plateauphasen verstehen (y)
Viele Grüße,
Sascha
Das bedeutet, es wird in der Sous Vide Variante tatsächlich bei nur 65°C verzehrt?
Ja, weil Du nach der Dauer die gewünschte Textur erreicht hast.
🙂
Klasse und wie immer mit naturwissenschaftlichem Hintergrund beschrieben!
Cheers
Olly
Hallo Micha, oder man nimmt einen Wassersmoker…. 😉
PP geht im Slowcooker auch gut.
Könnte man nicht bis zur KT 65 Grad das PP auf dem Grill garen und dann das PP in den Slow Cooker / Crockpot packen?
Staron du meinst sicher eine Shisha !! ggggg
Klar geht das.
Oke, geile Erklärung!
Mich würde interessieren wie die Daten gemessen wurde. Technik, Messinstrumente, etc. Ein Versuch mit Brisket?
Kannst du das mit nem Schweinenacken wiederholen?
Da wird aus dem BBQ mal ne Wissenschaft 🙂
PP im Sous Vide ?? – bei 65 Grad KT ? ohne „nachbräunen“ sieht das mit Sicherheit aus, wie schon mal gegessen ….
Du machst es ja vorher im Smoker…
Hallo? Wenn Kohle (C) mit Sauerstoff (O) verbrennt entsteht in erster Linie CO2! Deshalb versotteten auch die Kamine früher bei Kohleöfen nicht, sondern erst wenn auf Gas (Kohlenwasserstoff also CH) umgestellt wurde! C +O2 zu CO2 und H+O2 zu H2O, also Wasser!
Und mein Fleisch braucht höchstens 5 Minuten auf einem durchgebrannten Grill und schmeckt dann auch! Da mache ich keine Wissenschaft raus. Bei Eurem Grillen würde ich ja verhungern, bevor das Fleisch genießbar ist!
Da würde ich Dir ja recht geben, wenn 100% Kohlenstoff in der Kohle drin wäre. Dem ist aber nicht so. Wenn Dein Fleisch 5 min dauert, ist das ja schön für Dich. Dann ist das gute STück aber nur einen halben Zentimeter dick. Dies ist dann eher Carpaccio als ein ordentliches Steak. Im übrigen geht es in dem Artikel nicht ums Grillen, sondern um BBQ.
Eckard…. was ein Vollpfosten…
Na, Vollpfosten ist jetzt auch nicht nett ;-).
Saugute Beschreibung – Danke – bin gerade auf eben diesem Plateau und hatte Fragezeichen im Kopf.
Übrigens genau wie in Headline +pulled pork+.
Die dargestellte Temperaturkurve ist zwar Brisket – passt aber auch zum Schweinenacken, der auch 90 Grad erreichen soll – nur das er bei mir (3,5 kg) nach 6 Stunden hartnäckig bei 70 Grad (+/-) statt bei 78 Grad gem. Tabelle hängt. Da er mit Marinade geimpft wurde, hat er natürlich besonders viel problematische Eigenfeuchte. Also gibts nach 7 Stunden ein Jäckchen……
Danke fürs Lob :-).
Verdunstungskälte- das ist schon einleuchtend, aber warum bei 70-78° ganz besonders. Feutchtigkeit aus dem Fleisch wird wohl über die komplette Gardauer freigesetzt!? Und warum dauert es bei gleicher Konstellation und Einstellungen nachweislich verschieden lang? Besteht da nicht weiterer Erklärungsbedarf?
Es muss doch auch etwas mit dem Fleisch zu tun haben!?
Wenn man schon mit Physik argumentiert, dann müsste auch die Wärmeleitfähigkeit vom Fleisch ein Thema sein. Beim Niederetemperaturgaren wirkt sich das natürlich besonders aus. Die Frage ist halt, warum die Verläufe so und nicht anders sind. Und das kann schon etwas mit dem Kollagengehalt und der Struktur der verschiedenen Fleischsorten zu tun haben?!
Ich denke die Wärmeleitfähigkeit von Fleisch, ist in erster Näherung der von Wasser gleichzusetzen.
Weil sich bei dieser Temperatur ein Gleichgewicht zwischen Erwärmung und Verdunsungskälte einstellt. Wenn dann alles verdampft ist, geht die Temperatur wieder hoch.